Trends & Lifestyle
– wir fragen australische Expert:innen. Man muss nicht unbedingt zu den Kaffeekenner:innen gehören, um zu wissen, dass Australien nicht nur die Heimat der weltweit führenden Kaffeespezialitätenkultur ist, sondern auch einige der differenziertesten Interpretationen des beliebten koffeinhaltigen Getränks hat: Was in Australien passiert, bleibt auf der ganzen Welt.
Was seine Errungenschaften in der Welt des Kaffees angeht, war Australien ein Nachzügler – der Kaffee hielt dort erst nach dem Zweiten Weltkrieg Einzug, als italienische Einwanderer mit ihren Espressomaschinen ankamen. Der Kaffee eroberte schnell das ganze Land und entwickelte sich in der noch „jungfräulichen“ Bevölkerung auf besondere Weise zu einem ihrer Lieblingsgetränke. Anfangs setzte sich der Instantkaffee durch, doch in den letzten zehn Jahren erlebte der Flat White einen weltweiten Siegeszug. Dieser von feinporig aufgeschäumter Milch gekrönte Milchkaffee wurde in den 1980er Jahren in Australien kreiert. Starbucks nahm ihn 2015 in sein Sortiment auf – der Rest ist Kaffeegeschichte.
Doch Australiens Beitrag zum globalen Kaffeerepertoire geht weit über den Flat White hinaus – dem Land wird oft zugeschrieben, den Archetypen des modernen Coffeeshops erschaffen zu haben. Diese Cafés laden zum Sitzen und Genießen ein und bilden daher einen deutlichen Gegensatz zu dem in geschäftigen Städten vorherrschenden Coffee-to-go-Ritual.
Bis heute hat der Kaffee aus Melbourne und Sidney noch nichts von seiner Dynamik eingebüßt und bahnt sich weiterhin einen Weg, der weltweit Nachahmer findet. Aber warum nimmt Australien so eine Vorreiterrolle ein? Der mehrfach preisgekrönte Barista und Kaffeeröster Craig Simon von Criteria Coffee weist darauf hin, dass persönliche Vorlieben zwar variieren können, die Qualität aber im Vordergrund steht und Baristas und Verbraucher:innen sich gegenseitig inspirieren. „Es ist eine einfache Gleichung: Je qualitätsbewusster Ihre Kund:innen werden, umso mehr verlangen sie nach Qualität“, erklärt er. Das „erfordert, dass Baristas hochqualifiziert, sachkundig und beständig in ihrer Leistung sind; sie müssen praktisch Profis sein.“
Der Umstieg von Pulvermischungen auf Kaffeespezialitäten findet nicht nur bei Kaffeeliebhaber:innen, sondern auch Kaffeetrinker:innen im Allgemeinen statt. Simon erklärt, dass Gewohnheiten zwar schwer zu brechen sind, Kaffee aber für viele Menschen eine wichtige Rolle im täglichen Leben spielt, sodass sie kaum nach etwas anderem suchen werden, wenn sie einmal etwas Gutes probiert haben. Egal, ob ein Café an der Ecke auf mehr Qualität setzt und von handelsüblichem Kaffee auf Spitzenkaffee umstellt oder ob ein Geschäft von Anfang an auf Kaffeebohnen aus einer Region gesetzt hat: Neues weckt die Neugier der Verbraucher:innen und gibt ihnen den Anstoß, diesen Weg weiterzuverfolgen. „Australien hat das Glück, dass es so viele großartige Möglichkeiten gibt, und das bringt uns mit großem Schwung voran“, sagt er.
Cheryl Giles, Cheftrainerin bei De’Longhi Australien und Neuseeland, macht den anhaltenden Prozess der Aufklärung dafür verantwortlich. Verbraucher:innen kaufen inzwischen Vollautomaten für zu Hause, was sie auf die im Vordergrund stehende Qualität zurückführt. Kaffeeliebhaber:innen wollen zu Hause Coffeeshop-Qualität von der Bohne bis zur Tasse genießen, eine tolle Crema erzielen und die Aromen des Spezialitätenkaffees zur Geltung bringen. Sie möchten ihr eigener Barista sein und ihre Bohnen frisch mahlen sowie den Mahlvorgang an die Bohnen anpassen.
„Lokaler, frisch gerösteter Spezialitätenkaffee ist gefragt, und sogar unsere großen Supermärkte führen eher lokal geröstete Spezialitätenbohnen als die üblichen importierten Marken“, erklärt Giles. „Es gibt immer noch Kaffeepulver zu kaufen, aber die wachsende Zahl der Kaffeevollautomaten zu Hause fördert die Nachfrage nach Kaffee aus ganzen Bohnen. Viele importierte Marken verschwinden aus den Regalen oder werden immer weniger angeboten, da die Nachfrage nach lokal geröstetem Spezialitätenkaffee weiter steigt.“
Obwohl die meisten Verbraucher:innen wissen, wie richtig guter Kaffee schmeckt, meint Giles, dass „viele nicht wissen, was für die Zubereitung des besten Kaffees nötig ist.“ Hier kommen Geselligkeit und Teamwork ins Spiel, denn über soziale Netzwerke und YouTube lernen Verbraucher:innen die Tricks der Expert:innen, die sie dann zu Hause mit Vollautomaten wie denen von De’Longhi umsetzen. Daher glaubt Giles, dass Aufklärung zum nächsten Schritt führen wird, denn die Leute werden immer wissen wollen, wie sie zu Hause besseren Kaffee machen können.
Giles weist darauf hin, dass Cold Brew, ein Kaffee, der traditionell durch das Aufgießen von gemahlenem Kaffee mit Wasser bei Raumtemperatur und einer Wartezeit von 12 Stunden zubereitet wird, in australischen Haushalten ebenso verbreitet ist wie in Cafés, was ihrer Meinung nach auf den leichten, feinen Geschmack zurückzuführen ist. Er ist im Sommer unglaublich erfrischend und passt auch zu Rezepten, die auf ausgeprägte Aromen setzen. Sie erwähnt ebenfalls, dass es in Australien ein umfangreiches Milchangebot gibt, da pflanzliche, laktosefreie Milch immer beliebter wird als Milch tierischen Ursprungs.
Was kommt als Nächstes? „Ich denke, der nächste Schritt ist immer noch die Aufklärung“, sagt sie. „Es wird immer Leute geben, die lernen müssen, wie sie mit ihrer Maschine zu Hause besseren Kaffee zubereiten können.“
Da die australische Kaffeekultur die globale Kaffeeszene immer wieder beeinflusst, füllen Kaffeeliebhaber:innen ihre Tassen und warten gespannt darauf, was Down Under als Nächstes hervorbringt.
Testo vario
Begleiten Sie uns
Richtlinien
Unterstützung