Stories & Interviews
Die VogelMaier‘s, das sind Stefan Vogelgesang und Christiane Maier. Wir waren früher in der IT- und Telekommunikationsbranche im mittleren Management tätig und haben im Jahr 2016 die Kaffeerösterei VogelMaier im Münchner Stadtteil Haidhausen gegründet. Aufgrund unserer langjährigen Berufspraxis hat sich die Rollenaufteilung fast von selbst ergeben …
Stefan: Die Erfahrungen in der IT und meine handwerklichen Fähigkeiten waren günstige Voraussetzungen für meinen neuen Beruf als Röster. In einer fundierten Ausbildung erlernte ich Theorie und Praxis des Rösthandwerks und bei Praktika in namhaften Röstereien konnte ich wertvolle Erfahrungen sammeln. Neben der Hauptrolle „Röster“ bin ich Rohkaffee-Einkäufer, Barista, Trainer für Kaffeekurse und Hausmeister (weil irgendetwas ist immer defekt …)
Christiane: Als gelernte Bankkauffrau und mit einem betriebswirtschaftlichen Studium war es nicht verwunderlich, dass ich den kaufmännischen Bereich übernehmen würde. Da ein guter Kaffee in einem schönen Ambiente noch besser schmeckt, gehört auch das Dekorieren zu meinen Aufgaben. Und wann immer möglich, stehe ich als Barista hinter dem Tresen oder halte Kaffee-Kurse.
Stefan: Ich habe schon immer gerne Kaffee getrunken. Ein guter Tag startet für mich mit einem morgendlichen Ritual – der Zubereitung eines Brühkaffees: egal ob Hario V60, FrenchPress oder AeroPress.
Die anhaltende Begeisterung hat sich mit der beruflichen Neuorientierung entwickelt: Eigentlich wollte ich bei der BSOC (Berlin School of Coffee) in einer Barista-Ausbildung nur das professionelle „Kaffee kochen“ lernen, doch stattdessen wurde die Idee zur Gründung einer Kaffeerösterei geboren. Also wurde auch noch ein Röstkurs bei der BSOC gebucht und so nahm die Idee langsam Gestalt an …
Kurz darauf gab die erste Ursprungsreise, die uns nach Ruanda führte, den nächsten Ausschlag, diesen Weg weiter zu verfolgen. Damals waren wir in der Reisegruppe die einzigen, die noch keine Rösterei oder einen Beruf in der Kaffeeszene hatten. Zu sehen wie Kaffee angebaut wird und wer die Menschen dahinter sind, all das war so beeindruckend und hat uns nachhaltig geprägt.
Christiane: Ich bin passionierte (Kräuter-)Teetrinkerin und so ist Kaffee für mich ein reines Genussmittel. Für mich gehörte Kaffee und Kuchen eher zu einem gemütlichen Sonntagnachmittag oder feierlichen Anlässen.
Für mich ist der Funke während der Barista-Ausbildung bei der BSOC übergesprungen. Ich habe das Wissen über Kaffee förmlich aufgesaugt. Der Umgang mit Mühlen und Siebträgermaschinen übte sofort eine große Faszination aus. Das harmonische Zusammenspiel zwischen Technik und dem Naturprodukt Kaffee, um eine „gute Tasse“ zu bekommen … Und beim Cupping war ich kaum mehr zu halten: Die Vielfalt der Aromen hat mich völlig überrumpelt – bisher hatte ich diese nur mit Wein in Verbindung gebracht.
Nach unseren Kaffee-Ausbildungen und der ersten Ursprungsreise waren wir uns einig, dass wir Kaffeeröster sein wollen. Geprägt von unserem beruflichen Werdegang war jedoch auch klar, dass wir diesen großen Schritt professionell angehen müssen. Um unser Wissen zu erweitern und zu vertiefen, reisten wir 2015 nach El Salvador und absolvierten dort in der „Escuela de Café“ unseren Coffee Master mit den Schwerpunkten: Kultivierung von Kaffee, Rohkaffeehandel und Qualitätsmanagement im Segment Rohkaffee.
Da die Gründung der Rösterei letztendlich viel mehr Zeit beanspruchte als ursprünglich geplant (insbesondere die Suche nach einer geeigneten Location), nutzten wir u.a. die Zeit, um Praktika bei großen Röstereien zu machen und als Barista auf einer Messe zu arbeiten.
Zudem wurde zum Üben ein Probe-Röster angeschafft und es folgten unzählige Röstungen im Keller mit mehr oder weniger guten Ergebnissen (aus heutiger Sicht).
Um das gelernte Barista-Wissen aufzufrischen und zu perfektionieren, wurde der Haushalt um eine Siebträgermaschine erweitert. Und auch hier erfolgten unzählige Versuche beim Ziehen eines perfekten Espressoshots sowie dem Herstellen eines optimalen Milchschaums für Latte Art. Ein schönes Motiv war damals noch meistens dem Zufall überlassen …
Im August 2016 war es dann endlich soweit – das viele Lernen und Üben hatte sich gelohnt: die Pforten der VogelMaier Kaffeerösterei wurden geöffnet. Auch wenn uns seitdem das Tagesgeschäft der Rösterei zeitlich sehr beansprucht, versuchen wir trotzdem regelmäßig in die Ursprungsländer zu reisen. Es ist uns eine Herzensangelegenheit, dass wir mit den Kaffeebauern persönliche Kontakte pflegen und uns vor Ort von der Sorgfalt bei der Kultivierung sowie im Ernte- und Aufbereitungsprozess überzeugen.
Kaffee ist so vielfältig und es wird laufend etwas Neues entdeckt und erforscht. Sensorik ist ein gefühlt unerschöpfliches Thema, bei der Bestimmung der Qualität lernt man nie aus, schonende Methoden zur Entkoffeinierung (z.B. mit Zuckerrohr) etablieren sich, es wird mit neuen Aufbereitungsformen (z.B. anaerobe Fermentation mit Hefe) experimentiert …
Zudem zwingt der Klimawandel zu umfangreichen Anpassungen in der Kultivierung der Kaffeepflanzen: Züchtung widerstandsfähigerer Varietäten, Schattenmanagement, Verschiebung der Anbauhöhen.
Es wird uns also definitiv nicht langweilig!
Christiane: Meine Lieblingsmischung ist aktuell der „Haidhauser“, unser erster Blend. Die Arabica-Bohnen stammen aus drei unterschiedlichen Ländern und zwei Kontinenten: Äthiopien, El Salvador und Brasilien. Diese Mischung gibt dem Haidhauser einen einzigartigen und sehr harmonischen Charakter. Ein medium gerösteter Blend, welcher uns in der Filteraufbereitung begeistert hat. Doch als Cold Brew zieht er alle Register: vollmundig, leicht nussig-karamellig und höchst erfrischend.
Stefan: Für mich ist der „Gipfelstürmer“ meine Favoriten-Mischung, ein Arabica-Espressoblend mit beeindruckender Vielschichtigkeit. Die Bohnen stammen aus drei verschiedenen südamerikanischen Ländern: für die schokoladig-nussigen Aromen sorgen die Bohnen aus Brasilien und Peru, kolumbianische Bohnen runden den Espresso mit einer leicht fruchtigen Süße ab. Als sogenannter „Omni-Roast“ eignet sich dieser Blend auch für die Zubereitung eines kräftigen Filterkaffees.
Der Haidhauser ist ein unentbehrlicher Alltagsbegleiter.
Der Gipfelstürmer ist ein temperamentvoller Eroberer.
Christiane: Ich erinnere mich an mein erstes Cupping und die Verkostung eines Äthiopien Yirgacheffe. Der Geschmack wie „Heidelbeerkompott“ war für mich völlig unerwartet und verblüffend. Ein echter „Wow-Effekt“. Ich hatte zuvor noch nie einen Kaffee getrunken, der so fruchtig schmeckte – fast wie Tee.Stefan: Der Duft am Morgen, wenn der Kaffee frisch gebrüht wird und in Minuten den Raum mit seinen angenehmen Aromen erfüllt. Das hat sowas heimeliges, das verbinde ich einfach mit zuhause – egal wo auf der Welt ich den Kaffee zubereite.
Wir haben schon an vielen schönen und einzigartigen Orten Kaffee getrunken. Ganz egal ob auf einer Bergtour in den heimischen Alpen, in der Einsamkeit der namibischen Kalahari, in einem stylischen Coffeeshop in Kigali (Ruanda) oder bei Kaffeebauern in den verschiedenen Ursprungsländern. Und wir hoffen, dass wir noch ganz oft die Gelegenheit für weitere „besondere“ Genussmomente haben werden …
Stefan: Der Genuss beginnt bei mir mit dem vorhin schon erwähnten Brühkaffee am Morgen zuhause. Die Fortsetzung folgt dann in der Rösterei mit einem weiteren Brühkaffee und zwischendurch darf es auch mal ein Cappuccino oder Espresso sein.Christiane: Ich freue mich immer auf meinen Nachmittags-Cappuccino in der Rösterei, den ich gerne mit einem fruchtigen Espresso-Shot und oft auch mit einer pflanzlichen „Milch“ zubereite.
Auf diese Frage gibt es eigentlich keine Antwort. Es gibt einfach zu viel sehr guten Kaffee! Angefangen bei der Vielfalt der Varietäten, die unterschiedlichen Aufbereitungsformen, die Vorgehensweise beim Rösten, die unzähligen Möglichkeiten zum Mischen verschiedener Varietäten und zuletzt die Zubereitungsart – all diese Komponenten sorgen immer wieder für neue, überraschende und beeindruckende Geschmackserlebnisse. Damit bietet sich jederzeit und immer wieder neu die Gelegenheit, um den „besten“ Kaffee zu trinken. Was für ein Glück!
Obacht! Auch wenn Kaffee per se kein Suchtmittel ist, die Beschäftigung damit kann einen schon in seinen Bann ziehen und „süchtig“ machen. Es gibt viele wunderbare und informative Bücher zum Thema Kaffee. Einige Fachmagazine berichten regelmäßig über die lebhafte Kaffeeszene. Viele Kaffeeröstereien oder Kaffeeschulen bieten Kaffeekurse an und geben einen interessanten Einblick in die Kaffeewelt.
Und wir würden unbedingt eine Ursprungsreise ans Herz legen. So eine Reise hinterlässt mit Sicherheit einen nachhaltigen Eindruck.
Last but not least: ein Besuch der „Coffee Lounge“ von DeLonghi lohnt sich immer!
In einer Stadt wie München mit einem derart hohen „Promi-Anteil“ ist es keine Seltenheit, dass Personen des öffentlichen Lebens auch in unsere Rösterei kommen, um dort ungestört einen Kaffee zu trinken oder Kaffeebohnen für zuhause zu kaufen. Und weil wir deren Privatsphäre wahren wollen, spielen Namen hier keine Rolle. Wir freuen uns über jeden Gast – da gibt es für uns keine Favoriten …
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