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Der unverzichtbare Leitfaden für Spezialitäten-Röster in Paris

Kaffee ist untrennbar mit dem französischen Lebensstil verbunden. Selbst diejenigen, die noch nie in Frankreich waren, wissen, dass ein Nachmittag in einem typischen Café obligatorisch ist.

Es überrascht daher nicht, dass die Wurzeln der französischen Kaffeekultur bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen. Im Laufe der Zeit wurden die Cafés zur Kulisse für kulturelle Bewegungen wie die Aufklärung. Darüber hinaus war die Kaffeekultur in den turbulentesten Jahren dieses Landes genauso präsent wie sie es heute noch ist. Laut drei der wichtigsten französischen Röstereien hat sich die Szene seitdem weiterentwickelt und die Gewohnheiten der modernen Welt übernommen.

Inspiration für die moderne Welt

In den USA und Australien wurde Kaffee erst im 20. Jahrhundert zum Mainstream, dennoch waren diese Länder Vorreiter für ein Konzept, bei dem Qualität vor Quantität geht und das heute weltweit nachgeahmt wird, auch in Frankreich. Heute hat die Herkunft der Bohnen für die Franzosen einen größeren Stellenwert und sie widmen dem gesamten Prozess der Kaffeezubereitung größere Aufmerksamkeit.

„Die Kaffeekultur in Frankreich ist sehr komplex“, so Antoine Vayson de Pradenne von Kawa Coffee, einer über Europa hinaus bekannten Rösterei mit Sitz in Paris. Es gibt zwar immer noch den dominierenden, von Italien und Robusta beeinflussten alten Kaffeestil, es hat sich jedoch auch eine kleine, aber qualitativ hochwertige Kaffeespezialität herausgebildet.

Er weist darauf hin, dass Paris gegenüber London, Berlin und Amsterdam erst spät zur Kaffeespezialitäten-Szene gestoßen ist, die dort erst in den letzten vier Jahren an Fahrt gewonnen hat. Erst als die Franzosen anfingen, Vergleiche zwischen Kaffee und Wein zu ziehen, änderten sie ihre Betrachtungsweise. Trotz dieses anfänglichen Rückstandes ist für ihn die französische Hauptstadt ein europäisches Top-Reiseziel für „Kaffee-Fans“.

Geschichte und Nachhaltigkeit

Seit 1930 wählt die Rösterei Cafés Pfaff mit Sitz in Paris Kaffee aus und röstet ihn, und zwar seit drei Generationen. Verkaufsleiter Joris Pfaff verfolgt einen akademischen Ansatz und unterteilt das vergangene Jahrhundert in vier Hauptphasen: die 1930er Jahre, die von Robusta-Kaffee aus den Kolonien geprägt waren; die Massenprodukte aus den Supermärkten der 1960er Jahre; das Aufkommen von Einwegkapseln in den 1990er Jahren; und die Entstehung von Kaffeespezialitäten in den 2010er Jahren. „In 20 Jahren hat sich unser Kaufverhalten komplett verändert“, fügt er hinzu und betont, dass es nicht mehr ausreicht, dass der Kaffee einfach nur gut schmeckt. Heute will sein Team die Erzeuger, ihre sozialen Visionen und ihr Engagement für eine nachhaltigere Landwirtschaft kennenlernen. Wenn der Kaffee gut ist, sie aber mit einigen Methoden eines Erzeugers nicht einverstanden sind, schauen sie sich anderweitig um. Und das ist nicht nur eine Frage des Geschmacks – diese Gewohnheiten, die für die verschiedenen Bereiche der Kaffeekette gelten, kommen langfristig auch der Umwelt zugute. Doch es geht nicht nur um die Gegenwart – Kaffeeliebhaber müssen auch an die Zukunft denken, und so beeinflusst die Nachhaltigkeit die aktuelle französische Kaffeeszene.

Terres de Café, ein Pionier für Kaffeespezialitäten in Frankreich, beschafft weltweit hochwertige Kaffeesorten und beteiligt sich an der Entwicklung einer nachhaltigen Kaffeeindustrie, indem es den Kauf von Waldkaffees bevorzugt. Der Gründer und Präsident des Unternehmens, Christophe Servell, betont auch die dringend notwendige Änderung der Art und Weise, wie Lieferanten den Kaffee aus den Produktionsländern beziehen, und verweist darauf, dass der Klimawandel die Produktion in den nächsten 25 Jahren um 50 % verringern wird.

Außerdem liegt das Durchschnittsalter der Kaffeeproduzenten bei 55 Jahren, und die nächste Generation möchte aufgrund der unzureichenden Bezahlung für diese anspruchsvolle Arbeit keinen Kaffee mehr produzieren. Daher ist er der Meinung, dass die Unterstützung nachhaltiger Betriebe von entscheidender Bedeutung ist: Das Zahlen höherer Preise für gute, nachhaltige Produkte kann dazu beitragen, eine Generation leidenschaftlicher Bauern entstehen zu lassen.

Zurück in die Zukunft

„Wir können von den Älteren lernen“, sagt Pfaff und weist darauf hin, dass Kaffeeliebhaber von heute einige Gewohnheiten der vorherigen Generation übernehmen sollten. Zu Zeiten seines Großvaters kauften die Kunden Bohnen, um sie zu Hause zu mahlen, bevor sie Kaffee kochten. „Sie konsumierten besseren, preiswerteren Kaffee und produzierten weniger Abfall! Das ist wahre Nachhaltigkeit in der Welt des Kaffees“.

Er ist der Meinung, dass die Franzosen und alle Kaffeeliebhaber im Allgemeinen die Zukunft nicht außer Acht lassen sollten: „Neunzig Jahre später muss unser Konsum wieder einen Sinn und eine Logik bekommen. Wir dürfen keine Produkte mehr akzeptieren, die zu energieintensiv sind und eine katastrophale CO2-Bilanz aufweisen, nur für eine Tasse Kaffee“, sagt er.

Jeder kann schon heute damit beginnen, zu Hause Nachhaltigkeit zu praktizieren, und damit die Weichen für die nächste Generation von Kaffeeliebhabern stellen. Für den Anfang gibt Antoine von Kawa Coffee einen simplen Rat: Verwenden Sie Bohnen. Diese umweltfreundliche Methode wirkt sich auch auf den Geschmack aus: „Frisch gemahlene Bohnen schmecken einfach frischer.